Gedicht: Perversion / Gebet 


Dieser Beitrag sollte eigentlich, weil er den Blog stört, nicht sichtbar, sondern nur über einen Link zugänglich sein, den die Leser meines Buches „Pan-Agnostik“ bekommen haben. Ich habe versäumt, ihn auf nicht-sichtbar zu stellen. Jetzt muß ich das so lassen, damit die Leser auf den Beitrag kommen.

Als Anschauungsmaterial für das Buch Peter Töpfer: Pan-Agnostik.
Erscheinungsformen der Metaphysik und und deren Wertlosigkeit für die Existenz. Für ein theistisch-agnostisches Bündnis im Kampf gegen den Great Reset, 2023: aus: Peter Töpfer: Gedichte 1977–2005, 2005, S. 158–167:


Perversion / Gebet 

Geh raus in den Kosmos
Stecke irgendwo 20 Kubikmeter ab
20 Kubik reinsten Raumes Kosmos
Wie er da ist
Rein, positiv, da, seiend.
Und nun stell dir vor
Wie er umkippt,
Wie dieser abgesteckte reine positive, da seiende Raum 
Wie dieser Hexaeder, dieser Container, dieser Sarg 
Plötzlich umkippt
In Negativität
Wie er plötzlich nicht mehr da ist
Aus dem Rahmen fällt
Raus aus dem Kosmos fällt
In dem er immer noch ist 
Mitten im Kosmos, in reinem wirklichem Sein 
20 m3 Nichts-Sein
Dieser Raum Äther
Nicht positiv geladen, 
Sondern negativ,
Alles umgekehrt, verkehrt,
Eine Riesen Grübelei,
Plötzlich entsteht dort
Gedanken.
Dort ist etwas nicht mehr positiver Äther,
Sondern Gedanken,
Quälende, ewig unverständliche Gedanken,
Warum liebst du sie so sehr
Warum ist ihr weicher Körper du selbst
Warum diese warme strahlende Liebe
Die du selbst bist
Aus der du bist
Zu der du gehörst
Wie 20 m3 reiner positiver Raum
Zu allem anderen positiven Raum
Warum bist du selber in Form dieser weichen warmen Liebe 
In Form dieses weichen warmen liebenden Körpers
Der du selbst bist,
Warum ist der nicht da,
Sondern sagt dir,
Daß du nicht er ist
Daß er weg geht
Daß du fern bleiben mußt
Im anderen, im Nicht-Raum
Daß ihr nicht eins seid
In einem Raum,
Daß du von ihm gerissen sein mußt,
Von ihm, von dieser lieben Wärme, die du selbst bist,
Du von dir, der wärmenden Liebe.
Du wirst so weit von dir gerissen,
Von diesem Körper,
Der nicht nur da sein soll,
Sondern der du selber bist,
Daß du diesen Körper nicht mehr sehen wirst,
Daß er außer Sicht gerät,
Der doch nicht nur in Sicht,
Sondern der du selber bist.
Du gerätst dir selber außer Sicht,
Geschweige daß du ihn, dich,
Diese einzige warme Liebe,
Dieses einzige liebende Warme, 
Das wohl doch aus zwein besteht, 
Daß dieses Einzige
Nicht einzig ist,
Dieses Eine 
Nicht eins,
Daß es nicht einmal nebeneinander
Und in Blickweite,
Daß dieses doch wohl zwei seiende
Nicht einmal zu zweit sein kann,
Sondern fern voneinander sein muß,
Nicht nur fern,
Sondern ganz weit, unendlich weit,
Getrennt,
Aus dem Kosmos gebannt
Mitten im Kosmos,
So wie positiver, da seiender Raum
Plötzlich negativ, nicht da seiend sein kann,
Was er eigentlich nicht sein kann,
Aber doch wohl ist,
Diese Trennung
Von Kosmos
Und Kosmos,
Von da seiender Bläue
Und da seiender Bläue,
Da seiender Wärme
Und da seiender Wärme,
Da seiender weicher blauer Liebe
Und da seiender ewig positiver warmer Liebe,
Von weichem warmem strahlendem positivem Kosmos,
Der nur warm ist vor ruhiger da seiender Liebe,
Wie es das normalste der da seienden ewigen unendlichen Welt ist, 
Ein Stück Raum im ewigen Raum, 
Positiv, da seiend, mit seiend – 
Dieser Raum Dasein und Liebe 
Kippt um 
In Nichts
In Gedanken
In Fernsein
In Qual, in Sehnsucht
In Wegsein
Fortsein
Ewiges Fortsein
Zertrennt, abgerissen
Raum Liebe von Raum Liebe 
Der nur ein Raum Liebe 
Unendlicher Schrei Liebe 
Im ganzen Kosmos,
Kein Widerhall findend,
Auf nichts mehr stoßend, nichts berührend,
Durch den Kosmos verhallend
Bis ans Ende des Unendlichen strahlend
Und nichts findend,
Kein Echo vom Ende des Raums,
Der doch du selber sein soll,
Den du selber in dir fühlst,
Der da sein muß wie du selber da bist.
Unendliches Getrenntsein,
Weggerissen auf immer,
Unendliche, nie erfaßbare Entfernung
Weggerissen auf immer
Immer
Dieser unendliche Schrei
Dieser Nichtschrei aus sterbender Trauer
Diese Nichttrauer
Dieser umgekippte, nicht seiende Kosmos der Liebe, 
Dieses ewige Weinen an den Rand des Ewigen, 
Diese Tränen, die den endlosen Kosmos füllen, 
Diese Tränen, die das endlose Blau
Füllen, ersetzen, überschwemmen, verwandeln,
Die den ganzen Kosmos der einstigen Liebe 
Ertränken
Eine Unendlichkeit aus Trauer
Eine Unendlichkeit Tränen
Ein Stück Kosmos
Der aufhört
Dieser Ozean Tränen
Dieser Ozean blauer da seiender Liebe
Fühlbaren da seienden warmen Raumes,
Der nicht mehr ist,
Aufhört zu sein,
Der undenkbare Fall ins Nichts,
In Gedanken, Leere, Qual,
Undenkbare Gedanken,
Dieser Fall ins Nichts,
Bestehend aus Etwas,
Ins Etwas aus purem Schmerz,
Das Losreißen ins Nicht-Sein,
Ins ewige Sehnen,
Ins ewige aussichtslose Sehnen,
In die Hoffnung der Hoffnungslosigkeit,
Ins Hoffen bei aller Hoffnungssinnlosigkeit,
Ins Hoffen in das Nichts hinaus, 
In Nichtendenkönnen
Der ewigen schwarzen endlosen Trauer
Das Sehnen nach dir,
Stummer, wortloser, rein warmer, liebender Körper
Der Riß, die Risse,
Die Risse stehen im Raum,
Die Risse aus Fleisch,
Gerissenes Fleisch der Liebe,
Auseinandergerissenes warmes Rot der Liebe
Liebende rote Zueinandergehörigkeit
Rote Liebe
Rotes Einssein
Ewiges Rotes unendliche Liebe
Ewiges stilles Einssein in Liebe
Herausgerissen aus sich selbst
In Fetzen schreienden Fleisches
Undenkbarer Schmerz
Unaussprechlicher Nicht-Schrei
Totschrei
Stummschrei ans Ende des Raums
Blut von Blut
Fleisch von Fleisch
Warmes rotes Fleisch der Liebe
Von sich selbst,
Ruhiges pures Sein,
Stetiges Klopfen der ruhigen Liebe,
Der da seienden, sich selbst verstehenden Liebe,
Des normalen selbstverständlichen gewöhnlichen Raumes 
Aus purer, reiner, unschuldiger Liebe
Riß
Fort von dir
Fleisch des Lebens
Mutter des Raums
Der seiende Raum der Mutterliebe
Das wahre da seiende
Der Schutz der Unschuld durch die Unschuld
Die Ruhe der Unschuld
Das Durchunddurchseiende, das Ausschließliche der Unschuld, 
Die stille, reine Schwäche der Unschuld,
Wortlose süße reine Schwäche,
Pure Liebe, ausgeliefert dem Riß,
Höchstes der Gefühle, höchstes Sein,
Reines, unschuldiges einfaches Sein,
Wortlose Stille der Unschuld,
Bescheidene göttliche Schwäche,
Ein Korn Raum im Raum. 
Der Lob des Vaters Vater 
Der du bist 
In den Himmeln 
Höre mich jetzt 
Rette mich jetzt 
Bitte 
Laß mich nicht allein 
Zerrissen mit der Welt 
Laß das nicht so
Sei mein Trost 
Nimm meinen Ozean an Tränen
Spül sie zu dir
Spül sie an deinen Thron
Laß mich um Vergebung bitten
Dafür daß ich klein und unschuldig bin 
Und die Welt nicht verstehe 
Vater im Himmel
Vergib mir
Vergib mir meinen kleinen reinen puren Raum der Liebe 
Vergib mir meinen kleinen Raum
Erlöse mich aus deinem Kosmos
Deinem Kosmos der Qual
Deinem Reißen, deinem Sehnen
Bis in alle Ewigkeit
An den Rand des Seins
Vater, bitte,
Laß mich nur sein
Vergib mir die Schmerzen
Die ich habe
Vergib mir daß ich diese Schmerzen habe
Bitte vergib mir
Bitte
Bitte vergib mir das Weinen
Vergib mein Nichtsein
Vergib meine kleine unschuldige Schwäche
Ich knie vor dir, Vater,
Ich bete dich an, Herr,
Vergib mir
Vergib mir
Nimm meine Tränen an
Nimm mein fließendes Herz an
Wie es zu dir hinüberfleht
Wie ich zu dir fließe
Und dich um Vergebung bitte
Für meine Unschuld
Vater der du bist 
In alle Ewigkeit
Nimm mich an
Und schütze mich
Vor dem ewigen Schmerz 
Ich wage dich zu bitten 
Vor dir hinzutreten 
Und den Schmerz zu nennen
Bitte, Herr, bitte,
Ich kann nicht mehr
Ich habe diese Schmerzen getragen 
Durch alle Ewigkeit 
Bitte bitte nimm ihn mir jetzt ab 
Ich weiß, ich darf es nicht wagen 
Ich darf dich nicht ansprechen
In deiner ewigen Ruhe 
Ich weiß um meinen Frevel
Bitte vergib es mir, bitte
Ich weiß, du bist nicht,
Ich weiß, du bist nicht ansprechbar 
Als Herr der Welt 
Bitte vergib mir
Daß ich dich in deinem Nichtsein anspreche
Ich kann nicht anders
Mein Schmerz zwingt mich
Ist stärker als ich
Ich unterwerfe mich ihm
Und bitte dich
Mich von ihm zu erlösen.
Vergib mir daß ich dich in deiner ewigen, ewig schönen Ruhe störe, 
Daß ich dem unendlichen Universum eine kleine Welle Unruhe bin, 
Ich kann nichts dafür, ich muß
Und werde wieder in die unendliche Ruhe einkehren
Wenn mir mein Schmerz genommen ist
Glaube mir
Ich werde dich nie wieder stören
In deiner ruhigen dunklen Unendlichkeit
Und nur mit dir ziehen durch die dunklen Weiten
Mitfließen wie die Walkuh mit ihrem Jungen
Durch den dunklen ewigen Ozean
Und meinen kleinen Platz der Liebe darin einnehmen.
Herr, vergib mir,
Daß ich es wagte, unschuldig ungewollt ungefragt
Geboren zu sein
Und inmitten von Schuld und Perversion leben zu müssen
Herr, ich wollte nie leben
Und dich ewig Ruhigen mit meinen Tränen belästigen 
Ich mußte leben
Ich mußte Tonnen von Schmerz auf mich nehmen
Und, Herr, ich muß sie los werden.
Ich kann nicht mehr.
Vater, ich will sie dir nicht auflasten,
Mein Atom Schmerz in die Unendlichkeit hinaus abladen 
Nein, ich will dein Reich nicht schänden,
Ich bitte dich nur
In deine ruhigen gütigen Augen blicken zu dürfen
Und all meine Tränen fließen zu lassen
Auf daß ich eingehe in dein Reich
Der unendlichen Gnade. 

Hanne Pfiz-Soderstrom: Peterkind, Gouache, Illustration zu „Perversion / Gebet“ auf Seite 163
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