Spricht Bob Dylan in einem Lied über Lenny Bruce von ritueller Gewalt? 2

bob dylan

(Informationsquerfront)

Es gibt den sog. Mainstream, und es gibt die sog. alternativen bzw. freien Medien; und es gibt die dazugehörigen Medien-Konsumenten. Beide Seiten reden aneinander vorbei, ihre Worte dringen nicht zu denen des jeweils anderen vor – beide Seiten befinden sich in dem, wofür in jüngster Zeit mit gutem Grund ein Begriff erschaffen wurde: die Filterblase (auch „die Echokammer“ genannt).

Auf der einen, der alternativen Seite werden regelrechte Schreckensbilder gemalt, die unsere „tiefere“ Wirklichkeit darstellen sollen – was von den Mainstreamern als „Verschwörungstheorie“ zurückgewiesen und lächerlich gemacht wird. Auf der anderen, eben jener Mainstream-Seite aber kommen auch – ganz abgesehen von der Epstein-Affäre, die wirklich alle sogenannten Schlafschafe weltweit ins Grübeln gebracht hat – mitunter Dinge zur Sprache, die eigentlich dem Bereich der sogenannten Verschwörungstheorie entstammen. Davon soll im folgenden die Rede sein. Es soll also gewissermaßen auf einen Punkt einer Informationsquerfront verwiesen werden.

Ein Vertreter des absoluten Mainstreams ist Bob Dylan. Dieser amerikanische Liedermacher und Rockmusiker hat in den vergangenen 50 Jahren Millionen von Tonträgern verkauft. Er befindet sich seit den 1960er Jahren auf ständiger – „never ending“ – Konzerttournee. Dylan ist wohl der am meisten „gecoverte“ Musiker, d.h. seine Lieder sind über den Erfolg in seiner eigenen Interpretation hinaus auch noch von zahlreichen weiteren Künstlern in eigenen Fassungen mit z.T. noch viel größerem Erfolg auf den Markt gebracht worden. Damit dürfte Bob Dylan einer der einflußreichsten und zugleich reichsten Künstler überhaupt sein.

Jedoch die totale Mainstreamigkeit schlechthin erreichte Bob Dylan mit dem Literaturnobelpreis im Jahre 2016. Das hat noch nie ein Popkünstler, ein Vertreter der Massenkultur, geschafft. Das ist der Gipfel des Mainstreams, mehr geht nicht.

Wenn man sich aber Dylans Werk genauer anschaut, entdeckt man Dinge, die so gar nicht zur besagten absoluten Mainstreamigkeit, sondern eher in den davon abgewandten Bereich, dem der Alternativität, zu passen scheinen.

Es gibt einen Song von der im Jahre 1981erschienenen Langspielplatte „Shot of Love“ mit dem Titel „Lenny Bruce“. Es ist ein Lied, mit dem Bob Dylan auf den Tod von Lenny Bruce im Jahre 1966 zurückkommt und das gewissermaßen einen verspäteten Nachruf, eine traurige Huldigung des Künstlers Lenny Bruce und dessen schonungslose Echtheit, Wahrhaftigkeit und Wahrheitsliebe darstellt.

Lenny Bruce habe nie dem System angehört („nie einen Golden Globe bekommen“), habe „nie die Regeln befolgt“, weswegen man ihn als „krank“ bezeichnet habe. Der Tenor des Liedes ist davon bestimmt, daß Lenny Bruce als Künstler zwar ätzend hart gewesen sei und alle scharf angegriffen habe, daß er aber nie – und das ist der Kern! – ein Verbrechen begangen habe. Lenny Bruce sei kriminalisiert worden (Verurteilung wegen Obszönität), aber kein Krimineller gewesen, sondern habe Kriminelles angeprangert.

In manchen Dylan-Songs wird zwar auch das Äußere, d.h. das Soziale, Politische und Religiöse thematisiert, aber eigentlich zielen die Lieder vor allem ins Innere, ins Existentielle des Hörers. In den 1960er Jahren ging es dabei noch um meist durch Drogen hervorgerufene Assoziationen und Halluzinationen. Die psychedelischen Texte wichen aber in den späten 70er Jahren dem Realismus, d.h. Liebe und Schmerz traten zum Teil sehr prosaisch und unsymbolisch in den Vordergrund, später Vergänglichkeit und Tod. Bob Dylans Wirkmächtigkeit und Erfolg sind in dessen Fähigkeit begründet, die Seelen seiner Fans anzusprechen.

Besagte, Lenny Bruce zugeschriebene Wahrhaftigkeit ist eine innere und individuelle Qualität, und so geschieht es, daß man in den Songs auf Äußeres gar nicht gefaßt ist und dieses fast überhört, daß man also Konkretes aus dem Gesellschaftlichen einfach nicht wirklich wahrnimmt, es etwa als „Bild“ deutet. Es gibt im Lied „Lenny Bruce“ ein solches Bild, das ziemlich drastisch ist, das aber eben kein Bild, sondern Wirklichkeit sein könnte.

Nachdem im Text noch einmal Wert darauf gelegt wird, daß Lenny Bruce „wußte, wovon er sprach“, heißt es zunächst – erste erstaunliche Aussage –, daß er nie „eine Kirche ausgeraubt“ habe.

Aha?! Wie kommt Dylan darauf, daß ein Künstler eine Kirche ausrauben könnte? Tut das wer? Aber vielleicht hatte es ja in den 60ern oder 80ern eine Welle von Kirchenvandalismus gegeben.

Doch dann kommt jene besagt drastische, ja äußerst schreckliche Stelle: Da heißt es nämlich, Lenny Bruce habe niemals den Kopf eines Babys abgeschnitten, ja Dylan spricht sogar von Babys in der Mehrzahl.

Hier ist man als Hörer doch etwas verwundert und erstaunt. Wieso kommt Dylan auf ein so ungewöhnliches und brutales Bild, um zu sagen, daß Lenny Bruce nichts Kriminelles getan hat? Legt jene drastische Aussage etwa nahe, daß man im Vergleich mit irgendwelchen anderen Leuten schon ein rechtschaffener Mensch ist, wenn man Babys nicht den Kopf abschneidet? Oder gab es damals schlicht eine Serie von Babytötungen durch Kopfabschneiden, die Dylan als Beispiel für verbrecherisches Tun heranzieht?

Gegen letzteres spricht, daß Bob Dylan in dem Song einen Kabarettisten nicht mit Kriminellen vergleicht, sondern mit anderen Kabarettisten, die aber keine Außenseiter, sondern eher Golden-Globe-Gewinner, also Prominente sind. In einem Interview aus dem Jahre 1981 sagte Dylan in Bezug auf seinen Song „Lenny Bruce“: „Heute ist das Kabarett dreckig und vulgär, sehr unlustig und dumm, nur noch Wischiwaschi. Vielleicht verstehen manche Leute nicht, daß Lenny Bruce das gleiche vor vielen Jahren getan hat, aber es ihm ganz anders damit erging.“ Das schreckliche Verbrechen des Baby-Köpfens steht im Lied in Zusammenhang mit „hochrangigen Leuten“, die Lenny Bruce „sich vorgenommen“ und deren Intimleben er „ausgeleuchtet“ habe: damit dürfte eigentlich kein gewöhnlicher Serienmörder gemeint sein. Hat man überhaupt schon einmal von einem solchen gehört, dessen Opfer Babys und dessen Mordmethode das Köpfen war?

Es ist davon auszugehen, daß nicht nur Lenny Bruce „wußte, wovon er sprach“, sondern daß auch Dylan mit der sogenannten Elite in Berührung gekommen ist. Könnte es sein, daß Dylan aus dem Nähkästchen spricht?

In den alternativen Medien wird eine bestimmte „Elite“ gewisser Praktiken bezichtigt. Diese Praktiken werden als „satanistische Rituale“ oder kurz „Satanismus“ bezeichnet. Doch auch im Mainstream wird dieses Thema bearbeitet, läuft dort jedoch unter den Begriffen „ritueller Mißbrauch“, „rituelle Gewalt“, oder „religiös motivierter Kindesmißbrauch“i – und sehr selten im Nachtprogram wie beispielsweise zwei Dokumentarfilme der Journalistin Liz Wieskerstrauch.ii

Kann es sein, daß Bob Dylan die Erscheinung des rituellen Kindsopfers in aller Deutlichkeit anspricht? Daß er den Mainstream verläßt, zeigt auch, daß er im Song davon spricht, Lenny Bruce sei „ermordet“ worden. Lenny Bruce habe „den Schleier zu früh gelüftet“ – wofür er den ultimativen Preis bezahlt haben könnte.

i https://de.wikipedia.org/wiki/Rituelle_Gewalt

ii Höllenleben – Teil I: Eine multiple Persönlichkeit auf Spurensuche, NDR + BR 2001, ARD; Teil II: Der Kampf der Opfer – Ritueller Missbrauch in Deutschland, NDR 2003, ARD, http://www.wieskerstrauch.com/presse-fotos/#c38


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2 Gedanken zu “Spricht Bob Dylan in einem Lied über Lenny Bruce von ritueller Gewalt?

  • fjodor

    Danke für den spannenden Beitrag! Ja, die Aufrichtigkeit fasziniert mich bei Dylan. Wie er in Kauf nahm, dass sich Fans massenhaft von ihm abwandten, als er sich zu Jesus bekannte. „Chronicles“ hat mich fasziniert – keine Selbst-Glorifizierung, sehr viel Respekt vor anderen, eine sehr ausgeprägte Fähigkeit, auch einfachen Menschen zuzuhören, etwa einem Ladenbetreiber weit abgelegen auf dem Land.

    • Peter Töpfer

      Ja, „Chronicles“ fand ich auch ein sehr gutes Buch. Weil Sie von „Respekt vor anderen“ sprechen…: Ich habe „Chronicles“ u.a. genau deshalb in einem anderen Text rezipiert:

      „Bob Dylan hat 2004 ein Buch herausgebracht, eine Art Autobiographie über bestimmte Abschnitte seines Lebens und Schaffens. Es heißt „Chronicles, Volume One“. Ich bin Dylan-Fan und habe es vor einigen Tagen mit großem Interesse gelesen. Darin kommen allerhand Musiker und andere Persönlichkeiten vor, denen Bob Dylan begegnet ist. Den mit Abstand größten Raum, nämlich fast drei Seiten, nimmt dabei Harry Belafonte ein. Bob Dylan schreibt im Superlativ von ihm, doch lesen Sie am besten selbst (die Hervorhebungen sind von mir):…“

      https://nationalanarchismus.de/Nationalanarchismus/23_rettet_amerika/leitartikel/leitartikel.html