(Der Blog war fast ein Jahr offline; dieser Text vom 19. Dezember 2021, veröffentlicht auf Facebook, wird hier nachgereicht bzw. archiviert.)
Hans-Peter Dürr war als junger Mensch an der Frage interessiert, was die Welt im Innersten zusammenhält, doch dann, in Berkeley, lernte er die Alamo-Physiker kennen, und er sah sich plötzlich in einen Zusammenhang gestellt, den er eigentlich gar nicht wollte, aber nicht ignorieren konnte.
Mir ging es stets um die Frage von Selbstheit und Nicht-Selbstheit (Entfremdung), aber ich sah mich auch mein ganzes Leben mit Dingen konfrontiert, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben – die aber seltbstverständlich am Ende sehr wohl auch in diese Frage hineinspielten, und das sogar sehr deutlich und sehr spürbar.
Nun haben wir es also mit der nächsten äußerlichen Gewalt zu tun, die brachial in das hineinwirkt, wo sie an sich gar nichts zu suchen hat und wo wir bereits damit zu tun haben, mühselig das aus ihr auszuscheiden, was wir als das erkannt haben, was nicht zu unserer Selbstheit gehört. Es kommt als eine Lawine noch auf unsere bisherigen Probleme drauf.
Ich möchte im folgenden nicht darauf eingehen, was wir gegen diese Übermacht an Bös-Brachialem tun können, sondern darüber Mutmaßungen anstellen, daß wir es möglicherweise mit einem wiederholten und abermaligen Einbrechen von etwas kolossal Widernatürlichem zu tun haben.
Zunächst ist es keine Mutmaßung, sondern eine Gewißheit, daß – siehe das Beispiel Hans-Peter Dürr – wir es immer wieder mit einem neuen Übel zu tun haben, das, kaum gibt es die Aussicht auf etwas Frieden, über uns hereinbricht: immer wieder aufs Neue.
Wenn wir uns aber die Mehrheit der Menschen ansehen, so sticht es ins Auge, daß diese leicht und in Frieden das Leben bewältigen könnte; alle Probleme könnten – manche mühselig, manche ganz schnell und einfach – gelöst werden. Aber diesen Menschen läßt man offenbar keine Ruhe. Ich möchte hier nicht darauf eingehen, wie es diese Menschen anstellen sollten, mit denen fertig zu werden, die sie nicht in Ruhe lassen, sondern zu meinen Mutmaßungen in größerem Rahmen kommen:
Wir erleben gerade eine Zäsur, eine anthropologische Revolution, eine Ablösung vom Anthropos, wie wir ihn kannten, eine historische Wende ohnegleichen, eine… – you name it! Jeder mag seine eigene Vokabel dafür einsetzen, doch Fakt ist, daß bereits auf eine irreversible Art in die Gene eingegriffen wurde.
Wir wollten es den Menschen etwas leichter machen, sie von den ärgsten Widersprüchen befreien – doch da kommt jemand, und wirft das alles einfach gründlich über den Haufen: die Würfel fallen plötzlich wesentlich anders. Ein großer Prozentsatz der Menschen ist bereits genetisch verändert, und selbst, wenn das Impfprogramm heute beendet würde, hätten wir eine gespaltene, in zwei Gruppen aufgeteilte Menschheit: die mit verändertem genetischen Programm und die ohne. Diese zwei Gruppen könnten – mit jeweils mehr oder weniger eigenen Interessen, aus denen sich Konflikte ergeben könnten – nebeneinander herleben. Aber schon nach wenigen Generationen könnten sie sich auch vermischt haben und die veränderte Genetik würde auf alle überspringen. „Genetik“ ist hier das falsche Wort, sprechen wir lieber allgemein von neuen Bausteinen, denn die Änderungen beziehen sich auch auf Dinge jenseits der Genetik (Kontrollier- und Steuerbarkeit usw.).
Wir werden es also sehr bald mit einer ganz neuen Art von Lebewesen zu tun haben. Ich denke, das ist irreversibel.
Nun stellt sich mir die Frage, ob es sein kann, daß es das jetzt zum ersten mal in der Geschichte der Menschheit gibt oder ob sich das nicht schon ein- oder mehreremale ereignet hat: ein solche qualitativ drastische Veränderung, angestoßen von jenseits der großen Mehrheit der Menschen. Wenn sich das jetzt ereignet – wieso soll das einmalig sein? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß das etwas Singuläres ist?
Ich denke, daß diese Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist. Im Gegenteil, für mich ist es eigentlich ausgemacht, daß es so große Veränderungen in der Vergangenheit schon etliche male gegeben hat (und daß folglich wir Ungeimpften nur nicht die neueste Veränderung vollzogen haben).
Sicher haben die Evolutionsbiologen eine Erklärung dafür, warum wir eine nackte Haut haben. Aber die Tatsache, daß wir ohne Kleidung und ohne Heizung überhaupt nicht überleben können, zeugt doch zumindest davon, daß wir aus dem sog. Einklang mit der Natur herausgerissen worden sind. Ich weiß es nicht, aber ich bezweifle, daß das das Ergebnis einer sog. Evolution ist. Ich halte eine Evolution nicht für unmöglich, aber sollte eine Anpassung nicht dafür sorgen, daß wir nicht nur weiter angepaßt bleiben, sondern angepaßter aus der Veränderung hervorgehen? Was für einen Sinn soll eine Anpassung haben, die uns genau in das Gegenteil einer Anpassung geführt hat? Sind wir an den Winter angepaßt? – Nein. Wir hätten doch ein Mehr an Fell entwickeln müssen, aber nein, stattdessen haben wir Kleidung entwickelt. Gut, diese war am Anfang sehr primitiv, aber es bleibt: wir wurden ein Stück aus der Natur herausgerissen.
Wenn wir jetzt mal hypothetisch im Evolutionsparadigma bleiben, dann liegt es lange her, daß wir unser Fell verloren haben. Es kann aber auch ein Eingriff gegeben haben vergleichbar dem, den wir jetzt beobachten. Ein – im Evolutionsparadigma vergleichbarer – Vorgang war sicherlich auch die sog. neolithische Revolution, bei der wir ganz ohne Zweifel einen Riesensprung heraus aus der Natur gemacht haben. Ist die neolithische Revolution evolutionstheoretisch erklärbar? Zunächst sieht es danach aus: durch Wüstenbildungen lag weniger Nahrung vor, der Mensch entdeckte aus der Not heraus, daß er Samen in die Erde stecken konnte und daß diese, genügend bewässert, sich zu Pflanzen entwickeln, von deren Früchten er sich ernähren kann. Das gleiche galt für Tiere (und für sich selbst!, was gerne vergessen wird: nicht nur durch Früchte und Tiere war man vor Unbill gefeit, sondern auch durch eigenen Nachwuchs).
Der präneolithische Mensch hat das von sich aus mit dem Samen kapiert? Er hat auch kapiert oder den Vorgang entdeckt oder erfunden, wie aus Getreidekörnern Brot herzustellen und Bier zu brauen sei? Mag sein; das kann ich schlecht beurteilen. Wir Menschen sind schlau, aber ist uns das alles wirklich zuzutrauen? Oder hat da jemand nachgeholfen? Hat uns jemand gezeigt, wie das geht?
Fakt ist, daß wir nach dieser neolithischen Revolution bestimmt nicht nur in radikal veränderten Verhältnissen lebten, sondern daß sich diese neue Lebensweise zu unserem Nachteil festgeschrieben und bis heute tradiert hat, obwohl es ganz offensichtlich im Widerspruch zu unserem Inneren steht. Nirgends ist eine natürlich, d.h. aus sich und ihren tiefsten Bedürfnissen heraus zusammenlebende Familie gesichtet worden – die Familie ist ohne eine verhaltensmäßig mehrwertige, meinetwegen kulturelle Leistung nicht denkbar. Ich will nicht gegen die Familie polemisieren und jenen kulturellen Mehraufwand als nicht unbedingt ganz und gar aussichtslos bezeichnen und ihn durchaus würdigen – ich sage nur, daß wir es mit etwas Unnatürlichem und über Otto Gebühr Aufwändigem tun haben.
Ist dieses Unnatürliche ein Urzustand? Das ist schwer zu glauben. Es hat sich vielmehr in der neolithischen Revolution eine Spannung aufgebaut. Aber nicht nur seit jenen etwa 10.000 Jahren haben wir dieses Gefälle zwischen uns – unseren tiefsten Bedürfnissen – und dem Äußeren, dem Institutionellen, sondern schon viel länger (siehe nackte Haut).
Eine weitere Revolution, nämlich die aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, könnte durchaus auch zu jenen – in dem Fall zwar nicht tiefenrevolutionären, so doch – revolutionären Ereignissen zählen.
Falls etwas dran ist an dem, was ich sage – was würde dann daraus folgen? Würde daraus nicht genau das folgen, was wir gerade dabei sind zu tun: nämlich uns gewissen Ingenieuren zu widersetzen? Diesen Widerstand hat es immer dann gegeben, wenn die Verhältnisse sich (spontan, evolutionär) gewandelt haben (oder eingeführt wurden?), die gegen unseren Strich gingen. Die Präneolithiker waren in einer ganz ähnlichen Lage wie wir heute, die aber leider, wie sich herausstellte, ganz und gar aussichtslos war im Vergleich mit unserer.
Meine Mutmaßungen sprechen nicht gegen einen Widerstandskampf oder sprechen keiner Resignation vor einem übermächtigen, weil transnaturalen Feind das Wort. Und ich bezweifle auch, daß man immer den Feind kennen und daß er unbedingt benannt werden muß, um gegen ihn kämpfen zu können, weil wir automatisch gegen ihn kämpfen, wenn wir uns gegen das wehren, was er mit uns machen will. Aber schaden kann es auch nicht, den Feind deutlicher zu erkennen. Und zum Behufe dieses Erkennens dürfen ja auch mal Mutmaßungen angestellt werden.